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Eine Enkelinnengeschichte

Dr. Wolfgang Klein


Eine Enkelinnengeschichte

 

Die Ostertage 2012 verbrachte ich bei meiner Tochter Karola in Rohrbach. Meine Enkelin Joelle war mit ihrem Bruder Philipp ebenfalls dort zu Besuch. Enkelin Karina (Kraus) *25.04.2001 und Enkelin Joelle (Alexander) *01.01.2001 sind fast gleichaltrig. Sie verstehen sich sehr gut. Eines nachmittags wollten sie wissen, wo überall hin ich in meinem Leben schon verreist war. Nach kurzer Überlegung fing ich (Jahrgang 1928) mit der ersten mir erinnerlichen Reise im Jahr 1931 an, die mich mit meinen Eltern an die Ostsee geführt hatte. Die Enkelinnen führten ein Protokoll zu meinem Bericht. Die alljährlichen Urlaubsreisen mit meinen Eltern bekam ich auch bis einschließlich1942 lückenlos zusammen. Lediglich in 1938 mußte die geplante Reise nach Oberschreiberhau im Riesengebirge ausfallen, weil ich an einer Ruhr erkrankt war. Ab 1943 gab es kriegsbedingt keine Reisen mehr. Auch war mein Vater ab Sommer 1943 selbst Soldat. Ich berichtete dann weiter, daß ich als nächstes im Herbst 1948 eine abenteuerliche "Reise" nach Kiel unternommen hatte, um für das Sommersemester 1949 eventuell einen Studienplatz für Humanmedizin an der Kieler Universität zu bekommen. Ich hatte 1948 etliche Monate als Famulus im "nullten" Semester im Städtischen Krankenhaus Berlin-Spandau arbeiten können. Dort gab es mehrere junge Assistenzärzte, die im 2. Weltkrieg im Range eines Sanitätsfähnrichs (noch vor Ablegung des Staatsexamens !!) als Schiffsärzte auf deutschen U-Booten gefahren waren. Die empfahlen mir, einen ihrer Kriegskameraden aufzusuchen, der gerade dabei war, in Kiel das Medizinische Staatsexamen abzulegen. Dieser - sein Name ist mir entfallen - war ein passionierter Geiger spielte mit Prof. Bargmann, dem damaligen Kieler Anatomen, der gleichzeitig Vorsitzender der Zulassungskommission war, Streichquartett, erkannte sofort meinen "Geigerfleck" links am Hals und empfahl mich Prof. Bargmann als seinen Nachfolger im Quartett, denn er hatte vor, Kiel nach dem Examen zu verlassen. Im Frühjahr 1949 erhielt ich prompt die Zulassung zum Studium aus Kiel, von der ich aber nicht mehr Gebrauch machte, weil ich gleichzeitig eine von der Medizinischern Fakultät der neu gegründetten Freien Universität Berlin  (in Berlin-West gelegen) erhalten hatte. ---- Abenteuerlich war die Reise, weil ich, um aus Berlin nach Kiel zu gelangen, durch die russische Besatzungszone hindurch und in die englische Besatzungszone Deutschlands wechseln mußte. Der Grenzübertritt war verboten, eine Genehmigung dazu war nicht zu erhalten. Also mußte man - wie man das damals nannte - "schwarz" über die Grenze gehen. Durch die Torheit eines Begleiters, der vorgab, das Gelände (bei Oebisfelde) gut zu kennen, liefen wir einem russischen Grenzposten geradewegs in die Arme. Wir wurden festgenommen, die Russen klauten mir 40 D-Mark und übergaben mich dann der deutschen Polizei. Die ließ mich laufen mit der Maßgabe, wieder nach Hause nach Berlin zu fahren. Ich habe dann auf einem grenznahen Friedhof den Einbruch der Dunkelheit abgewartet. Das Gelände hatte ich mir bei der Festnahme gut einprägen können, mich dann dank meiner infanteristischen Ausbildung diesmal unbemerkt bis zur Grenze vorgearbeitet und diese im "Sprung auf marsch marsch"-Verfahren überschritten. Meine nächste Reise, 1954 gegen Ende des Studiums, führte mich mit meiner Mutter nach Jettenberg bei Bad Reichenhall. 1955 Staatsexamen, keine Reise. Und nun komme ich zu dem Punkt, der mich veranlaßt, diese Geschichte niederzuschreiben. Ich berichtete, in 1956 sei ich erstmals mit meiner damaligen Verlobten verreist, und zwar nach Wehrden an der Weser im schönen Weserbergland. 1957: Ich konnte mir den Luxus eines Mietwagens leisten - folgte - wiederum mit meiner damaligen Verlobten eine Reise nach Kals in Osttirol. Die Mädchen wechselten Blicke, die Schlüsse auf ihre Gedanken zuließen. Ich berichtete weiter: Die nächste Reise, 1959, hatte Dänemark zum Ziel, allerdings nun nicht mehr mit meiner damaligen Verlobten. Der Gesichtsausdruck meiner beiden Zuhörerinnen wechselte zu nacktem Entsetzen. Eine, ich weiß garnicht mehr welche von beiden, rang sich mühsam die Frage ab: "Ja, warum denn nicht ?" Die Situation war unbeschreiblich rührend. Nach kurzer Pause antwortete ich: "Nun, ganz einfach, weil ich sie inzwischen geheiratet hatte". Die Gesichter entspannten sich, und es folgte ein mit Lachen durchmischter Seufzer der Erleichterung. 

 

WK         29.04.2012      

 

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