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Dr. Wolfgang Klein |
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Anhang
Dr. med. Günther Kurow verstarb am 10. 1. 2001, wenige Monate vor Vollendung seines 80. Lebensjahres, in seiner Heimatstadt Berlin. Am 19. 4 1921 in Berlin geboren, erkrankte er 1933 als Zwölfjähriger an Typ-1-Diabetes, was seinen späteren Lebensweg nicht nur hinsichtlich der Krankheitsbewältigung außerordentlich prägen sollte, sondern auch hinsichtlich seiner Berufswahl und seines späteren Berufslebens. Er war einer ersten in Deutschland, den man mit Fug und Recht einen Diabetologen nennen durfte. Am eigenen Leibe hatte er erfahren, daß ein Diabetiker den größten Teil der Behandlung seiner Erkrankung selbst erbringen muß und daß das nicht ohne ausreichende Kenntnisse von der Krankheit funktionieren kann. Folgerichtig widmete er einen Schwerpunkt seiner Arbeit der Schulung seiner Diabetespatienten. Dabei kam ihm neben der eigenen Krankheitserfahrung sein wissenschaftliches Interesse und die Fähigkeit zu systematischem Vorgehen zugute, was sich in zahlreichen Publikationen niederschlug. Die für die Patientenschulung entwickelten sogenannten "Kurow'schen Folgefragen" sind Legende. Die Zusammenarbeit mit ihm war vorbildlich. Sein jahrzehntelanges Wirken als niedergelassener Arzt hat in Berlin und darüber hinaus Spuren hinterlassen. Aus alledem ergeben sich die Bedeutung der seinen Namen tragenden, von der Berliner Diabetesgesellschaft gestiftete Medaille und der Sinn ihrer Verleihung. Günther Kurows Witwe war leider verhindert, im März 2006 an der kleinen Verleihungsfeierlichkeit teilzunehmen, weshalb ich ihr nach einem kürzlich erfolgten Treffen das Manuskript meiner Danksagung übersandte. Sie merkte kritisch an: “Ich vermisse einen Aspekt: Wieviel Zeit Ihrer Lebensarbeitsleistung haben Sie der Unterrichtung und Beratung und Schulung Ihrer Patienten und deren Angehörigen gegeben ? Das war doch sicher sehr erheblich." Ich habe versprochen, das mit diesem "Anhang" nachzuholen. Das Diabetikerschulungsprogramm der Inneren Abteilung Hohengatow, später Havelhöhe des ehemaligen Städtischen Krankenhauses Berlin-Spandau ist von 1964 bis 1993 unter meiner Leitung konzipiert und ständig weiterentwickelt worden. Schulungsmaßnahmen wurden von Montag bis Freitag von 08.30 Uhr bis 15.00 Uhr angeboten und durchgeführt. Zur Durchführung der einzelnen Unterrichtsblöcke waren eingesetzt 4 Assistenzärzte, 2 Oberärzte, der Chefarzt, 1 Diabetes-schwester, 1 Diätassistentin, 1 Krankengymnastin. Das Programm umfaßte im einzelnen: 5 einstündige inhaltlich festgelegte Arztvorträge mit den Themen Grundkurs für Neuaufnahmen: Die zentrale Störung bei Diabetes, Einführungsvortag: Was ist Diabetes ? Ursachen, Komplikationen, Spätschäden, Folgekrankheiten, Behandlung, Austauschtabelle: Sinn, Zweck, Handhabung, Selbstkontrolle: technische Möglichkeiten, Ausführung, Zweck, Bewertung der Ergebnisse, Behandlung mit Insulin: Präparate, Injektionsmittel, Pumpen, Basis-Bolusprinzip, Selbstanpassung. sowie eine Fragestunde, die am Freitag dem letzten Vortrag folgte (Summe 6 Wochenstunden). Grundsätzlich wurden alle Patienten angehalten alle Vorträge zu besuchen. Die Teilnahme wurde dokumentiert. Unser Vortragsprogramm wurde regelmäßig einer größeren Anzahl von niedergelassenen Ärzten mit der Einladung zur Kenntnis gebracht, ihre Patienten teilnehmen zu lassen. Zur eigenen Fortbildung nahmen an den Vorträgen nicht beteiligte Ärzte der Abteilung, Schwestern und Pfleger der beiden Diabetesstationen im Rahmen ihrer dienstlichen Möglichkeiten sowie Angehörige unserer Patienten als Zuhörer teil. Zu jedem Vortrag wurden den Patienten Merksätze und Informationsblätter ausgehändigt, die regelmäßig von Patienten und Pflegepersonen auf ihre Verständlichkeit hin überprüft und gegebenenfalls verbessernd angepaßt wurden. In der letzten Zeit meiner Tätigkeit haben wir von den Vorträgen Videoaufzeichnungen erstellt, um Mängel im Vortragsstil und der Sachverhaltsdarstellung erkennen und gegebenenfalls abstellen zu können. Es ist höchst lehrreich, sich selbst als Referenten zu erleben. Weitere Lehrveranstaltungen zur Diätetik (Diätassistentin): Dreimal wöchentlich halbstündige Frühstücksrunde mit beaufsichtigter Zubereitung und anschließendem Verzehr (ca. 1,5 Wochenstunden), dreimal wöchentlich Lebensmitteleinkauf gemeinsam mit der Diätassistentin (insgesamt ca. 3,5 Wochenstunden), dreimal wöchentlich ca. 2 stündiger Kochkurs inklusive Verzehr der unter Aufsicht bereiteten Mittagsmahlzeit (ca. 6 Wochenstunden) zweimal wöchentlich individuelle Diätberatung von Einzelpersonen oder Kleinstgruppen (2 Wochenstunden), einmal wöchentlich Essen im Restaurant, Urlaub, Zuckeraustausch und Zuckerersatzstoffe, diätetische Lebensmittel (1 Wochenstunde). Sprechstunde der Diätassistentin für Angehörige (1 Wochenstunde). Weitere Lehrveranstaltungen Diabetesschwester: Dreimal wöchentlich Selbstkontrolle Blutzucker und Blutzuckermeßgeräte (insgesamt ca 4,5 Wochenstunden), zweimal wöchentl. Selbstkontrolle Urinzucker, Azeton (2 Wochenstunden), zweimal wöchentlich Blutzuckerselbstkontrolle vor Gymnastik und nach Gymnastik (2 Wochenstunden). Sprechstunde der Diabetesschwester für Angehörige ( 1 Wochenstunde). Gymnastik für Diabetiker (Krankengymnastin): Montag bis Freitag täglich (2,5 Wochenstunden). Zweimal wöchentlich waren 2,5 Stunden reserviert für spezielle Individualberatung, gegebenenfalls auch in Kleinstgruppen bei Bedarf zu Themen wie: Injektionstechnik, PEN, intensivierte konventionelle Insulinbehandlung, Selbstanpassung der Insulindosis, liberalisierte Diät, Unterzuckerung, Berufswahl, Diabetes und Straßenverkehr, diabetischer Fuß, diabetische Nerven- und Netzhauterkrankung, Störung von Sexualfunktionen, die je nach Thema von der Diabetesschwester, der Diätassistentin oder Ärzten vorgenommen wurde. Das Gesamtangebot an Lehrveranstaltungen umfaßte somit ca. 38 Wochenstunden. Der Kenntnisstand der Patienten wurde bei Krankenhausaufnahme durch ein Schema von Testfragen abschätzend ermittelt. Danach erfolgte die Zuweisung zu den angebotenen Lehrveranstaltungen. Die Teilnahme wurde dokumentiert. W.K. im Dezember 2007
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