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Reform 2006/2007

Dr. Wolfgang Klein


 

Geteilte Meinungen

Anmerkungen zur “Gesundheitsreform” 2006/2007 der Großen Koalition

 

In Heft 26 vom 10. Oktober 2006  des Informationsblattes der CDU "Union in Deutschland" findet sich zur Gesundheitsreform folgende Stellungnahme:

Gute Reform für die Versicherten!

Die CDU hat die Verhandlungen in der Großen Koalition zur Gesundheitsreform erfolgreich zu Ende führen und sich in wichtigen Punkten durchsetzen können.

In ihrem ersten Statement nach den Gesprächen zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ergebnissen zufrieden. Die Verständigung mit dem Koalitionspartner sei “ein vertretbares und gutes Ergebnis”. Die Beschlüsse seien die Weichenstellung hin zu einer neuen Gesundheitsversicherung. “Wir wollen den Versicherten in seinen Wahlmöglichkeiten stärken und effizient und effektiv mit dem Beitragsgeld umgehen. Es ist eine Reform für die Versicherten und es wird die Anbieter von Gesundheitsleistungen unter einen stärkeren Wettbewerbsdruck stellen,” sagte Angela Merkel. Die CDU-Vorsitzende betonte: “Der Bürger wird sicher sein können, dass er in Zukunft die medizinischen Leistungen bekommt und am medizinischen Fortschritt teilhaben kann - egal wo er in Deutschland wohnt, egal wie viel er verdient.”

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Brief des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 24. Oktober 2006 an den außerordentlichen Deutschen Ärztetag:

“Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Wenn Ärztinnen und Arzte zunehmend zu den demokratischen Mitteln des Protestes gegen systemgegebene Ungleichgewichte und gesundheitspolitische Entwicklungen greifen, dann ist das für unseren Berufsstand ungewöhnlich. Der außerordentliche Ärztetag findet vor dem Hintergrund eines späten großkoalitionären Kompromisses zur deutschen Gesundheitsreform statt. Und diese Einigung verspricht wenig Gutes: sie ist die in konkrete Pläne gegossene Dominanz der Ökonomie über den tatsächlichen Versorgungsbedarf, sie ist die monetäre Fesselung der Medizin, die Rationierung des Gesundheits-Angebotes vor dem Hintergrund des raschen Fortschritts und einer alternden Bevölkerung. Diese schleichende Einführung staatlicher Zuteilungsmedizin geschieht auf dem Rücken der Bevölkerung sowie der Ärztinnen und Arzte. Und sie geht auf Kosten der ärztlichen Freiheit im Interesse der Patientinnen und Patienten. Der Anlass rechtfertigt in jedem Fall öffentlichen Druck und erfordert die demonstrative Einigkeit der Ärztinnen und Arzte. Ich möchte auf diesem Wege dem Deutschen Ärztetag den besten erreichbaren Erfolg wünschen und Ihnen in dieser für Sie so schwierigen Situation die Solidarität der österreichischen Ärztinnen und Arzte zum Ausdruck bringen. Mit den besten kollegialen Grüßen

gez. Dr. Reiner Brettenthaler" (Quelle: BdI (Berufsverband deutscher Internisten) aktuell zum Außerordentlichen Ärztetag 2006)

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Aus dem Herbstgutachten der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Wirtschafts-wissenschaftlicher Institute vom 17.10.2006:

“Ein Grund für dieses pessimistische Urteil ist, dass sich die Bundesregierung offenbar nicht zu einem Grundprinzip der Wirtschaftspolitik durchringen kann, nämlich die Eingriffe des Staates dort zurückzuführen, wo der Marktprozess bessere Lösungen liefert, und mehr Eigenverantwortung zuzulassen. Dies zeigt sich exemplarisch an der geplanten Gesundheitsreform. Das Gesundheitswesen ist in Deutschland zweifellos eine Wachstumsbranche. Nach wie vor wird von der Bundesregierung eine wesentliche Aufgabe des Staates darin gesehen, die Ausgaben der Privaten bürokratisch zu lenken und durch diverse Eingriffe wie die Deckelung der Ausgaben, die Fixierung von Preisen, zu begrenzen. Erforderlich wäre hier ein Systemwechsel, der es den Bürgern mehr als bisher überlässt, die Entscheidungen über Art und Umfang der Versicherung selbst zu fällen." (Quelle: BdI aktuell (Berufsverband deutscher Internisten) zum Außerordentlichen Ärztetag 2006); http://www.bdi.de/bdi/util/pdf_view.jsp?pdf=/bdi/content/100_ZE/0_IMIZE000S/2006/12/03_20_gesu.pdf

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Resolution des Außerordentlichen Deutschen Ärztetages 2006 zur Gesundheitsreform:

Die umfangreiche Resolution hier im vollen Wortlaut wiederzugeben, verbietet sich aus Platzgründen. Der volle Wortlaut ist unter
http://www.bdi.de/bdi/util/pdf_view.jsp?pdf=/bdi/content/100_ZE/0_IMIZE000S/2006/12/03_20_gesu.pdf abrufbar. Die Resolution nimmt zu zahlreichen Einzelheiten der sogenannten "Gesundheitsreform" Stellung und führt zu der generellen Feststellung, daß die "Reform" in der vorliegenden Form - für jeden Sachkenner erkennbar - zu einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung kranker  Bürger unseres Landes führen muß und wird, weshalb sie zwangsläufig auf die Ablehnung der Deutschen Ärzteschaft stoßen muß. Die Deutsche Ärzteschaft ist sich einig in der Ablehnung.

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Focus vom 04.01.2007:

Wie die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Nachrichtensenders n-tv ergab, sind von 1001 Befragten 85 Prozent skeptisch, ob die geplante Reform gelingt. Danach glauben lediglich acht Prozent an einen Erfolg der Reformpläne. Die größten Zweifel haben die Anhänger der Linkspartei: 99 Prozent von ihnen meinen, die Reform werde kein Erfolg. Aber auch bei den Sympathiesanten der großen Koalition ist die Hoffnung auf eine gelungene Reform sehr gering. Unter den befragten Unionsanhängern gaben 12 Prozent an, vom Gelingen überzeugt zu sein, 82 Prozent glauben nicht daran. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den SPD-Wählern: 14 Prozent sind positiv gestimmt, 84 Prozent negativ. ast/dpa Quelle:
http://www.focus.de/politik/deutschland/gesundheitspolitik/umfrage_nid_42058.html

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110. Deutscher Ärztetag Mai 2007:

"Mit der Gesundheitsreform wurden die ärgsten Befürchtungen der Ärztinnen und Ärzte übertroffen" sagte der Präsident der Bundesärtzekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe in seinem Grundatzreferat (Quelle: Deutsches Ärztebl. Nr. 20 vom 18.05.2007). 

Die 250 Delegierten sehen in den Einzelelementen der jüngsten Gesundheitsreform ein legislatives Virusprogramm zur Zerstörung des freiheitlichen Betriebssystems unseres Gesundheitswesens. Daran vermochten auch die Beschwichtigungsversuche der Bundesgesundheitsministerin nichts zu ändern. Für ihre Hinweise auf angebliche Entbürokratisierung erntete sie ebenso Hohngelächter des Auditoriums  wie für die Behauptung, diese Zeiten böten gute Chancen für Mediziner in Deutschland (Quelle: BDI-aktuell, Mitgliederzeitung des Berufsverbandes Deutscher Internisten, Heft 6, Juni 2007).

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Man könnte inzwischen eine große Zahl weiterer kritisch-ablehnender  und zugleich von erwiesenem Sachverstand getragener Äußerungen zur sogenannten "Gesundheitsreform" 2006/2007 der Großen Koalition hinzufügen, während es Zustimmung nur von den Urhebern des Monsters gibt. Die vorstehenden Beispiele dürften ausreichen, die gesundheitspolitische Lage ausreichend deutlich zu machen. Abschließend eine Äußerung von der Basis unserer Partei. Unter der Überschrift

Quo Vadis, CDU?

schreibt Jürgen Zastrow Kreisvorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises Bielefeld der CDU:

"Die Liste der Kritikpunkte an der Gesundheits-Gesetzgebung ist lang! “Besser keins als so eins!" sagen viele. Die Ideologie “Es gibt alles umsonst - und wenn nicht, haben die Leistungserbringer schuld!" triumphiert über die Fakten des Wirtschaftslebens. Dieses Gesetz hat mit Gesundheit nur noch wenig zu tun.

Die SPD generiert sich einmal mehr zu Lasten des Koalitionspartners ideologisch als sozialer Erneuerer und faktisch als Verteiler nicht gegenfinanzierter Leistungen. Sie erreicht den Einstieg in die Bürgerversicherung. Die CDU knickt vor der latenten Drohung einer rot-rot-grünen Mehrheit ein. Doch die CDU steht bei den Menschen mehr für Lösungen als für leere Versprechen. Das alles steht in Widerspruch zu den richtigen und zukunftsweisenden Parteitagsbeschlüssen von Leipzig, wofür wir Parteimitglieder gekämpft haben und deretwegen viele Menschen die CDU gewählt haben. Im letzten Wahlkampf stand das bessere Programm gegen den Lächler. Die Menschen haben CDU gewählt, weil Probleme mit Ideologie nicht lösbar sind. Der CDU und ihrem Programm wurden Lösungen zugetraut! Die SPD testet zur Zeit, wie viel Abrücken vom eigenen Programm die CDU aushält.

Nicht nur für mich als aktives CDU-Mitglied und Mandatsträger ist dieses Gesetzeswerk schwer vermittelbar. Wir haben Alternativen beschrieben. Und jetzt? Viele Parteifreunde und Wähler sind verunsichert. Beim nächsten Wahlkampf wird es vor und hinter den Tischen der CDU etwas leerer werden. Viele werden liberal wählen, die meisten aber gar nicht mehr! Diese Stimmen werden nicht nur der CDU fehlen, sondern der Demokratie!"

(Quelle: Am Puls, Magazin für Politik und Gesundheit des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU, Heft 1/2007)

W.K.

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