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Hessen: Wahlen 2009

 

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Dr. Wolfgang Klein

 

Landtagswahl Hessen am 18.01.2009

Jeder Wähler hat wie bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Interessant ist die Namensgebung: Die von der Bundestagswahl bekannte Erststimme heißt Wahlkreisstimme, die Zweitstimme wird Landesstimme genannt. Auf diese Weise will man Missverständnisse beim Wähler hinsichtlich der Bedeutung der jeweiligen Stimme vermeiden. Mit der Wahlkreisstimme wählt man einen Wahlkreiskandidaten, mit der Landesstimme die Landesliste einer Partei. Diese Regelung wurde erst 1988 von der CDU/FDP-Koalition auf Wunsch der FDP eingeführt. Zuvor hatte jeder Wähler nur eine Stimme, die gleichzeitig für den Wahlkreiskandidaten und die Landesliste einer Partei gewertet wurde.

Aus dem Hessischen Wahlgesetz

Der Landtag besteht aus mindestens 110 Sitzen. Davon werden 55 Mandate in Einmannwahlkreisen nach relativer Mehrheitswahl und die restlichen über geschlossene Listen vergeben.

In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Wahlkreisstimmen erzielt haben. Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 110 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen, die von Kandidaten errungen wurden,

    die keiner Landesliste angeschlossen sind oder

    deren Landesliste die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt hat.

Diese verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde überspringen konnten, nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt im Land erreichten Stimmenzahlen verteilt. Dabei bleiben die Landesstimmen jener Wähler unberücksichtigt, die mit der Wahlkreisstimme einen erfolgreichen Wahlkreiskandidaten gewählt haben, der keiner zugelassenen Landesliste angeschlossen ist.

Von den so auf die Landesliste einer Partei entfallenden Sitze werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt.

Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei. Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird die Gesamtzahl der Abgeordneten von 110 um so viele erhöht, bis unter Einbeziehung der Überhangmandate ein Hare/Niemeyer-konformes Verhältnis erreicht ist. (Quelle und weitere Einzelheiten: http://www.wahlrecht.de/landtage/hessen.htm#ueber hangmandate)

Ergebnis

Die nach 1983 und 1987 dritte vorgezogene Neuwahl des Hessischen Landtags brachte der SPD starke Verluste bei den Landesstimmen, größere Zugewinne gab es für FDP und GRÜNE. Die Partei DIE LINKE zieht erneut in den Landtag ein. Die Wahlbeteiligung sinkt von 64,3 % bei der letzten Landtagswahl vor einem Jahr auf den Negativrekord von 61,0 %. Erstmals fallen Überhang- und Ausgleichsmandate bei einer Landtagswahl in Hessen an: Die CDU erzielt durch den Gewinn von 46 der 55 Direktmandate und ohne nennenswerte Steigerung ihres Landesstimmenanteils vier Überhangmandate. Die zum Ausgleich notwendigen Mandate gehen an die SPD (zwei) sowie – je eins – an FDP und GRÜNE. Daher hat der Hessische Landtag nunmehr 118 Sitze, die sich wie folgt verteilen: CDU 46, SPD 29, FDP 20, Grüne 17, Linke 6. Fundstelle: http://www.wahlrecht.de/news/2009/he-2009.htm

Interessant ist das Verhältnis der abgegebenen Wahlkreisstimmen zu abgegebenen Landesstimmen. Die CDU hat 1.083.174 Wahlkreisstimmen aber nur 963.763 Landesstimmen erhalten. Demnach haben 119.411 Wähler zwar den CDU-Kandidaten ihres Wahlkreises, nicht aber die CDU, sondern eine andere Partei gewählt. ( Die CDU hat in 46 der 55 Wahlkreise das Direktmandat gewonnen ! ) Diese Wähler müssen offensichtlich mit ihren Wahlkreiskandidaten, nicht aber mit dessen Partei einverstanden gewesen sein ! Ähnliches gilt für die SPD. 767.068 Wahlkreisstimmen stehen 614.648 Landesstimmen gegenüber. Die Differenz errechnet sich mit sogar 152.420. Ob da wohl das Bild, das die Parteien auf Bundesebene abgeben, entgegen allen Behauptungen doch eine Rolle gespielt hat ? Bei FDP , den Grünen und der Linken ist es umgekehrt; sie haben mehr Landes- als Wahlkreisstimmen erhalten.

Stärkste Partei ist bedauerlicherweise - wie nun wohl regelmäßig - mit 37,1% der Wahlberechtigten die der Nichtwähler. Bezieht man auf die Zahl der abgegebenen Landesstimmen, so stützt sich die CDU auf nur  22,1% der Wahlberechtigten, die SPD auf 14,1%, die FDP auf 9,7%, die Grünen auf 8,2% und Linke auf 3,2%. Die Regierungsparteien CDU und FDP bringen es zusammen auf 31,8% der Wahlberechtigten, mithin auf weniger als die Partei der Nichtwähler. So erfreulich es in Zeiten eines generalisierten Linksrutsches ist, daß in Hessen die Bildung einer CDU/FDP-Koalition möglich war, so bedenklich bleibt die Tatsache, daß diese von weniger Wahlberechtigten als den Nichtwählern getragen wird.

W.K.

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